Hausformen, Tempelformen, Herztempel

Hausformen, Tempelformen, Herztempel
1983 - 1996

Ein Spiel mit der Architektur, mit Wohnformen. Ein Nachdenken über Verstecken und Höhlen des Menschen. Das Haus als Schutz, das Haus als reine Form; der Tempel. Der Tempel als Ort der Besinnung, Kraft, des Mythos, der Religion. Der Tempel als Kleinskulptur - die handliche Symbolform für das eigene Sein und seine Möglichkeiten im Werden. Der Tempel als Raum der Sehnsüchte. Der Herztempel als Kleinort zum Aufbewahren der Gefühle - auf daß sie nicht ständig mitherumgetragen werden. Der Herztempel als das ganz persönliche, heimliche Haus.
Im Zwischenbereich entstehen die Ideen, die Entwürfe, in dem Raum zwischen Bewußtsein und Unbewußtsein. In diesem Raum taste ich mit halbgeschlossenen Augen, vorsichtig - schaue nicht genau, aber empfinde intensiv das Geschaute. Wie in endlosen Regalen lagern hier die Ideen - entstanden aus Erlebtem, Erfahrenem - Erinnerungen - aufgearbeitet in tiefen Schichten.

In anderer Form, aber doch inhaltlich spürbar, lassen sie sich zeigen - im Entwurf. Diese Form dann braucht den hellen Tag - das strenge Schauen - Abtasten - braucht Sicherheit im Wiedergeben - wie im Wiederstehn.

Das verweilen im Raum dazwischen ist ein Glückszustand - ein Flügeldasein. Die Skizzen, die daraus entstehen, sind unzählige - nur einige lassen sich in harte Form bringen.

Die Herztempel spiegeln die Ambivalenz, die wir gegenüber Gefühlen haben - locken und versperren, zeigen und fallenlassen, verstecken und präsentieren, einsperren:

Glück und Angst - Angst vor zu starken Reizen - totstellen! Totgestellt sperren wir alles Liebe weg - um es für immer zu bewahren. Sagen wir ab - um Tempel errichten zu können. Verweigern wir uns das Glück - um es anbeten zu können. Herztempel sind Zwischenräume, in denen die Liebe geboren wird und ihr gleichzeitig ein sichtbares Denkmals gesetzt wird. Liebe als Zwischenraum, in dem wir uns am liebsten aufhalten.

Charlotte Seidl