In ihrer unerwartet hereingebrochenen Sprachlosigkeit fand Eve Joy Patzak in der Zeichnung ein wichtiges unmittelbares
Ausdrucksmittel.und ihren ganz eigenen, sehr prägnanten Stil. Für Ihren Ehemann Peter Patzak war die Malerei das erste
Medium, mit dem er schon sehr früh an die Öffentlichkeit trat, bevor Schreiben und vor allem der Film mehr Aufmerksamkeit auf sich zogen.
Nach Wien kam die in New York aufgewachsene Eve Joy vor mehr als 40 Jahren, um Psychologie zu studieren, lernte Peter Patzak kennen und arbeitete lange Jahre als Leiterin des
"Kinderhauses" in Gugging, das heute das "Haus der Künstler" beherbergt. Vor fünf Jahren verlor sie durch einen Schlaganfall ihre verbale Sprache. Und begann zu zeichnen: Mit klarem, durchgängigem Strich sind das meist weibliche Figuren, oft in der Rückansicht oder aus der Perspektive von oben, die
herausgehoben aus einem Umfeld ganz für sich stehen. Jedes der Gesichter erhält mit wenigen Details einen ganz eigenen Ausdruck: Traurig, besorgt, neugierig, tröstend, fröhlich,... ein unglaublicher Nuancenreichtum, der die vielschichtige
Wahrnehmungs- und Empfindungswelt von Eve Joy Patzak
widerspiegelt. Jedes Bild erhält einen sehr konkreten
Ein-Wort-Titel.
Die Sprache kehrt nun langsam wieder zurück - die Zeichnung bleibt. Und zunehmend zeigt Eve Joy Patzak auch ihre Werke in Ausstellungen, sowohl alleine als auch gemeinsam mit den
Bildern ihres Mannes, Peter Patzak.
Die Malerei hat den österreichischen Bildkünstler Peter Patzak durch all die Film- und Schreibjahre immer beschäftigt. Die
Bilder sind für ihn der persönlichste Ausdruck,er malt auch heute noch in der Nacht, wenn rundum Ruhe eingekehrt ist.
Diese Bilder vermitteln - überwiegend im Hochformat - ihre
Botschaften meist in stark abstrahierter Form und erinnern in ihrem mystischen Erscheinungsbild an die spirituelle Kraft der Ikonen, sind Tableaus und archaische Bildtafeln. Als manchmal ziemlich realistisch, manchmal symbolisch dargestellte Türen und Fenster können sie den Gedankenfluss in die Weite der Phantasie öffnen und vor dem oft düster-magischen
Hintergrund regen vielschichtige Farbkontraste in Gelb, Rot oder Blau das sinnliche Empfinden an. Hinter den Fenstern und Türen erstreckt sich die Tiefe des Raums - schnell ist man auf der Ebene der Metapher und mit seinen Titeln gibt Peter Patzak dazu "Verdachtsmomente", wie er das nennt.
Die Themen treten in Serien auf, in Variationen, Ansichtsweisen und Entwicklungen, wobei jedes Einzelbild für sich selbst steht, im Zusammenhang kann das durchaus Ähnlichkeiten mit dem Ablauf des Films suggerieren. Besonderen Stellenwert haben für Peter Patzak das Wort, die Sprache und die Schrift. So
bezieht er sich in seinen Bildern beispielsweise gerne auf schriftliche Zeugnisse oder auch Geschichten aus der Antike oder anderen weit zurückliegenden Epochen. "Briefe nach
Perigord" heißt ein Zyklus, der sich auf den Philosophen des 16. Jahrhunderts Michel de Montaigne bezieht oder "Das Buch der Nikarete", das sich mit der antiken Hetäre aus dem
4. Jahrhundert vor Christus beschäftigt. Der Neugierde und Offenheit entsprechend, fand und findet Peter Patzak Impulse und Anregungen auch in ganz anderen Kulturkreisen.
Der Zyklus "Shanghai Notebooks. Mitteilungen, Warnungen, Eintragungen" aus dem Jahr 1995 zeigt, wie er aus der der
altchinesischen Zeichnung und Malerei den Faden aufnimmt und weiterspinnt. "Briefe an Eve Joy" sind die Grundlage einer aktuellen Gemäldeserie. Da schreibt Peter Patzak mit Ölfarbe seine Botschaften auf die Leinwand, übermalt, schreibt,
übermalt,... und überträgt die ganz konkreten, für ihn
wichtigen Sätze - inhaltlich freilich für den Betrachter nicht mehr wahrnehmbar - in ein nicht nur visuell berührendes
Bildgeschehen, das zum Rätseln und Träumen einlädt.
Verena Kienast